Apenser Kita-Streit beendet: Wann kommt nächster Zoff?

Kommentar: Eskalation (mal wieder) auf die Spitze getrieben
Autor: Tom Kreib aus Buxtehude
Quelle: Kreiszeitung-Wochenblatt vom 09.04.2020

Für die beiden evangelischen Kindertagesstätten "Weltentdecker" und "Arche Noah" gibt es zwischen der Samtgemeinde und dem Ev. Kindertagesstättenverband neue Betriebsführungsverträge (das WOCHENBLATT berichtete). Das ist für die Kinder, deren Eltern und die Mitarbeiterinnen der beiden Einrichtungen eine gute Nachricht. Was bleibt, ist die berechtigte Frage: Warum musste diese Eskalation überhaupt sein?

Ein Dreivierteljahr lang wurde gestritten - teils mit harten Bandagen: Und, daran besteht für mich kein Zweifel, in naher Zukunft wird in der Samtgemeinde wieder etwas hochkochen und für erbitterten Streit sorgen. Der Grund für diese Annahme: Zur Einigung im Kita-Streit gibt es zwei Pressemitteilungen. Einmal vom Ev. Kita-Verband und zum anderen von den Samtgemeinderats-Fraktionen CDU, SPD, FWG und Grünen. Vergleicht man beide Erklärungen miteinander, muss der neutrale Leser den Eindruck gewinnen, es geht um zwei verschiedene Themen. Oder anders ausgedrückt: Das Kriegsbeil hat die Politik noch lange nicht vergraben. Und wenn nicht der Kita-Verband, irgend ein Thema oder Adressat wird sich schon finden, bei dem die politische Mehrheit in der Samtgemeinde ihre eigene Interpretation von "Basta-Politik" zelebrieren wird. Motto: Wir haben Recht - zumindest irgendwie - und das immer.

Für die Politik schreibt Dr. Karin Siedler-Thul (SPD) und erinnert "an die große Unzufriedenheit" des Rates mit den Verträgen. Soll wohl heißen: Der Streit war total berechtigt. Dass es solange gedauert hat, dafür wird die Schuld Richtung Kirche geschoben: "Nachdem es in der Sache keinerlei Fortschritte gab ..." Die klugen Verhandler in den Fraktionen haben offenbar viel erreicht: Mit dem laut Vertrag neu eingerichteten Beirat, in dem auch Politiker sitzen,  muss laut Siedler-Thul "bei allen wichtigen Entscheidungen Einvernehmen hergestellt werden. Dieser Beirats-Passus in der Erklärung des Kita-Verbandes liest sich so: "Der Beirat hat keine Entscheidungsbefugnis, sondern berät den Kita-Verband bei wichtigen Entscheidungen wie der Veränderung des pädagogischen Konzepts." Das hört sich deutlich anders als die Politik-Position, die suggeriert, jetzt volles Durchsgriffsrecht zu besitzen.

Verwaltung und Samtgemeinderat hatten als Begründung für die Kündigung der Verträge vor allem ins Feld geführt, dass die beiden evangelischen Kitas zu teuer sind. Folglich müssten die neuen Verträge das verändern und der Politik die Entscheidung über jeden Cent und Euro ermöglichen. Das ist geschehen, wie Karin Siedler-Thul schreibt: Ein Haushaltsplan müsse vorgelegt werden, der von der Samtgemeinde genehmigt werden müsse. Überschreitungen bedürften der Zustimmung des Rates. Außerdem wird der Jahresabschluss der beiden Kitas dem Rechnungsprüfungsamt des Landkreises zur Prüfung vorgelegt.
Was die Politik nicht schreibt: Die Samtgemeinde hat das Recht, die Schlussrechnung zusätzlich vom Rechnungsprüfungsamt kontrollieren zu lassen. Auf eigene Rechnung übrigens. Laut Kita-Verband gibt es bei der Finanzierung der beiden Einrichtungen trotz neuer Betriebsführungsverträge keine Veränderungen. Die obligatorische Prüfung der jährlichen Schlussrechnung obliege wie bisher dem landeskirchlichen Rechnungsprüfungsamt. Und wie bisher auch, werde der Kita-Verband seine Haushaltsplanung rechtzeitig der Samtgemeinde vorlegen.

Karin Siedler-Thul holt, damit die Position der Politik irgendwie überzeugender wirkt, die Steuerzahler mit ins Boot: "Damit erhält die Samtgemeinde Mitsprache und Kontrolle über Ausgaben für die Einrichtungen und kommt damit ihrer Verantwortung gegenüber den Steuerzahlern nach." Dass die beiden evangelischen Kitas teurer sind, habe laut Kita-Verband aber gar nicht mehr im Raum gestanden, als die neuen Verträge verhandelt wurden. Könnte durchaus sein, liebe Mehrheit in den Fraktionen, dass die Steuerzahler der Samtgemeinde von derlei politischen Kapriolen genug haben. Der phasenweise gnadenlose Konfrontationskurs der Politik hätte nämlich beinahe dazu geführt, dass die Übernahme der Kita-Trägerschaft in weniger Plätzen für den Nachwuchs mündet, weil sich auch die Apensener ihr Kita-Personal nicht selbst schnitzen können.

Ich bleibe optimistisch, dass die Samtgemeinde Apensen noch für viele Schlagzeilen gut sein wird. Wer mit Verwaltungsmitarbeitern oder Ratsmitgliedern aus anderen Kommunen über Apensen spricht, hört meistens eine Art Seufzen. Gen Apensen schauen alle mit einer Mischung aus Faszination und Entsetzen. Vielleicht, das wäre mein Vorschlag, könnte über die "Lex Apensen" und das besondere gruppendynamische  Miteinander zwischen Trotz, Besserwissen und Wagenburg-Mentalität eine Dissertation aus dem Bereich Psychologie oder Soziologe verfasst werden. Spannend wäre das allemal und würde vielleicht Erklärungsansätze für etwas liefern, was Außenstehenden unerklärlich erscheint.
Tom Kreib

Kommentar der UWA:

Der gesamte Vorgang war überflüssig, weil unnötig.
Die - ohnehin nur marginalen - Vertragsänderungen hätten auch ohne vorherige Kündigung des Betriebsführungsvertrages mit der Kirche eingearbeitet werden können. Doch das wurde nicht einmal versucht.

Frau Dr. Siedler-Thul, Herr Suhr und Herr Löwel versuchen nun, das leidbringende Versagen der CDU, SPD, Grünen und FWG als große Errungenschaft zu verkaufen.

Faszinierend in diesem Zusammenhang ist auch die Fähigkeit der Fraktionsvorsitzenden zum Verdrehen der Tatsachen.
In der Pressemitteilung der CDU, SPD, Grünen und FWG heißt es weiter: "Den Antrag der UWA, die Kita's für zunächst ein Jahr zu den vorherigen Konditionen weiter zu betreiben wurde abgelehnt, weil dieses Ansinnen nur zu mehr Verunsicherung aller Beteiligten geführt hätte".
Wir sagen: "Das Gegenteil ist hier der Fall." 

Der Antrag wurde im Januar (!) gestellt, um für Planungssicherheit zu sorgen, denn zu dem Zeitpunkt war noch gar nicht abzusehen, ob es überhaupt zu einer Einigung kommen würden.
Selbstverständlich ist dieses Ansinnen nun überflüssig, was die UWA sehr begrüßt.
Herr Kreib hat recht: auch die UWA ist optimistisch, dass wir bis zur nächsten Kommunalwahl nicht "arbeitslos" bleiben.

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Peter Petersen

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