Samtgemeindebürgermeisterwahl: Klatsche von der Kommunalaufsicht

Von Sabine Lepél

APENSEN. Apensen hat für die Suche nach Kandidaten für die Samtgemeindebürgermeisterwahl mit Hilfe eines Headhunter seine kräftige Watsche von der Kommunalaufsicht des Landkreises bezogen. Das 35.000 Euro teure Verfahren musste sofort gestoppt werden.

Dabei hatte es bereits kurz vor demAbschluss gestanden: Am kommenden Dienstag sollten den Mitgliedern desSamtgemeinderats nach TAGEBLATT-Informationen in nicht öffentlicher Sitzung potenzielle Kandidaten vorgestellt werden, die das Personalberatungsbüro für die Kandidatur bei der für Mai vorgesehenen Wahl des neuen Samtgemeindebürgermeisters oder der neuen Samtgemeindebürgermeisterin gewinnen konnte. Zuvor sollte am kommenden Montag bei einer Sitzung des Samtgemeinderats sowohl nichtöffentlich als auch öffentlich von der Verwaltung über das Verfahren und die Bedenken der Kommunalaufsicht beraten werden.

Wie mehrfach berichtet, wollte der Samtgemeinderat Apensen bei der Suche nach einem Nachfolger für Apensens vorzeitig ausgeschiedenen Samtgemeindebürgermeister Peter Sommer neue Wegegehen und hat mehrheitlich beschlossen, eine Personalberatungsagentur mit der Fahndung nach geeigneten Bewerbern zu beauftragen. Aus diesen wollten die Ratsfraktionen dann einen Kandidaten auswählen, den am Ende alle Parteien gemeinsamunterstützen und den Bürgern zur Wahl empfehlen. Der Samtgemeinderat hatte beiseiner Sitzung am 29. November die außerplanmäßige Auszahlung von 35 610,75Euro an das Büro Board Connect für die Suche nach denSamtgemeindebürgermeisterkandidaten bewilligt. Lediglich Stefan Reigber von der UWG und Jan Gold von der CDU stimmten dagegen.

Das Geld ist auch bereits an denPersonalberater geflossen, wie Sabine Benden dem TAGEBLATT bestätigte. Nach dem frühzeitigen Ausscheiden von Peter Sommer leitet die Bauamtsleiterin und stellvertretende Verwaltungschefin bis zur Wahl eines Sommer-Nachfolgers die Samtgemeindeverwaltung im Junkernhof. Bereits am 3. Dezember hatte sie dem Landkreis mitgeteilt, dass das Büro Board Connect seine Leistung vollumfänglicherbracht und fünf Kandidaten ausgesucht habe. Alle Rechnungen seien bereits überwiesen worden.

Kommunalaufsicht fordert Beendigung des Verfahrens

Doch die Kommunalaufsicht des Landkreisesverfolgte ihre rechtlichen Bedenken weiter und forderte die Samtgemeinde nun auf, das rechtswidrige Verfahren zu beenden. Benden musste den Auftrag an Board Connect auf Anweisung des Landkreises stornieren. Außerdem sei der entsprechende Tagesordnungspunkt von der öffentlichen Tagesordnung der Sitzung am 17. Dezember genommen worden und die nichtöffentliche Samtgemeinderatssitzung am 18. Dezember mit der Kandidatenvorstellung gecancelt worden, wie Benden dem Landkreis am 13. Dezember mitteilte. Zudem habe sie veranlasst, dass der Gesamtrechnungsbetrag als Forderung in den Haushalt 2018 eingestellt werde und dem Steuerzahler somit „aus dieser Angelegenheit kein Schaden entstehen“ werde. Wie genau die gut 35 000 Euro in den Haushalt der hoch verschuldeten Samtgemeinde zurückfließen sollen, wollte Benden demTAGEBLATT auf Nachfrage nicht verraten: „Darüber laufen derzeit Verhandlungen, die zunächst einmal abgeschlossen werden sollen.“

Das Urteil der Kommunalaufsicht über das von allen Fraktionen im Samtgemeinderat mitgetragene Verfahren der Kandidatensuche liegt dem TAGEBLATT vor und ist quasi eine siebenseitige Ohrfeige, unterschrieben von Stades Erstem Kreisrat Dr. Eckart Lantz. „Insgesamt ist festzustellen, dass die Samtgemeinde mit dem angeschobenen Findungsverfahren in mehrfacher Weise und eklatant gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen hat“, heißt es darin. Eine Kandidatensuche der Samtgemeinde mit öffentlichen Mitteln sei nicht statthaft und verstoße gegendas Gebot der freien Wahl, die Neutralitätspflicht der Samtgemeinde und des Samtgemeinderats und die Rechtmäßigkeit des Zugangs zu einem öffentlichen Amt. Deshalb sei die Beanstandung der Kommunalaufsicht notwendig: „Ansonsten entsteht der Eindruck, die vom Personalberater und vom Samtgemeinderat vorgenommene rechtswidrige mit öffentlichen Mitteln finanzierte Auswahl sei offiziös und womöglich sogar bindend“, heißt es in der Anhörung vom 11.Dezember. Das Auswahlverfahren sei nicht weiter zu betreiben und unverzüglich zu beenden.

Es sei schon allein formell rechtswidrig, weil es in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und nicht vom Samtgemeindeausschuss vorbereitet wurde und der Auftrag zudem lediglich von CDU-Fraktionschef Rolf Suhr als stellvertretendem Samtgemeindebürgermeister unterschrieben wurde. Der habe aber „in Rechtsgeschäften nach außen keine Kompetenzen“. „Das Verfahren jetzt unverzüglich zu beenden ist ein richtiger Schritt der Samtgemeinde“, sagte Dr. Lantz im Gespräch mit dem TAGEBLATT. Rolf Suhr, der das Verfahren maßgeblich mit vorangetrieben hatte, sagt, er habe es für den richtigen Weg gehalten: „Sonst hätten wir es ja nicht vorgeschlagen. Wir wollten ein gemeinsames Zeichen setzen, und es gab dafür viel positive Rückmeldung von den Bürgern.“

Kommunalaufsicht

Die Kommunalaufsicht übt die Rechts- und Finanzaufsicht über die Hansestadt Buxtehude und die Hansestadt Stade, die Einheitsgemeinden Drochtersen und Jork sowie die sieben Samtgemeinden des Landkreises Stade mit ihren 36 Mitgliedsgemeinden aus. Die Kommunalaufsicht umfasst dabei auch die Aufsicht über die Real- und Zweckverbände des Landkreises Stade sowie die Stiftungen mit örtlich begrenztem Wirkungsbereich(Verbandsaufsicht). Die rechtliche Beratung der Kommunen und Verbände ist nebender Beurteilung deren finanzieller Leistungsfähigkeit ein Arbeitsschwerpunkt.

Was alles falsch lief

  • Die Zustimmung des Samtgemeinderats zur überplanmäßigen Aufwendung und Auszahlung für den Auftrag an das Büro Board Connect lag zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe noch nicht vor, damit wurde der Auftrag rechtswidrig erteilt.
  • Der Beschluss des Samtgemeinderats zur außerplanmäßigen Bereitstellung der Mittel ist rechtswidrig, da es sich nicht um eine Aufgabe der Samtgemeinde handelt.
  • Das Verfahren zur Kandidatensuche ist rechtswidrig, weil die Kandidatensuche (auch mittels eines Personaldienstleisters) nicht Aufgabe der Samtgemeinde ist.
  • Bei einer Direktwahl, wie der Wahl des Samtgemeindebürgermeisters, darf ein Wahlvorschlag nur von einer Partei, von einer Gruppe von Wahlberechtigten oder von einer wählbaren Einzelperson eingereicht werden. Ein gemeinsamer Wahlvorschlag mehrerer Parteien ist nicht zulässig. Das Verfahren zur Wahl eines Hauptverwaltungsbeamten unterscheidet sich von einem Verfahren zur Auswahl von Beschäftigten oder Beamten auf Zeit.
  • Die Beauftragung des Personaldienstleisters ist rechtswidrig, weil sie dem Haushaltsgrundsatz von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit widerspricht. Zudem wurde gegen das Vergaberecht verstoßen, da nicht mindestens drei geeignete Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden.
  • Die Samtgemeinde, insbesondere der Samtgemeinderat, verletzt mit der Festlegung auf bestimmte Kandidaten das auch auf kommunaler Ebene greifende Neutralitätsgebot. Es wurde in unzulässiger Weise in den Meinungs- und Willensbildungsprozess der Wähler eingegriffen.

Quelle: Buxtehuder Tageblatt v. 15.12.2018

Kommentar von Stefan Reigber:

Rolf Suhr, der das Verfahren maßgeblich mit vorangetrieben hatte, sagt, er habe es für den richtigen Weg gehalten: „Sonst hätten wir es ja nicht vorgeschlagen. Wir wollten ein gemeinsames Zeichen setzen, und es gab dafür viel positive Rückmeldung von den Bürgern.“

Welche Bürger meint Rolf Suhr? Die in der Findungskommission sitzen? Eine Farce!

Die Bürger sollten langsam aufmerken und feststellen, dass die Verhältnisse hier in Apensen immer schlechter werden und inzwischen denen des Wilden Westens gleichen. Ich hoffe, ein "Weiter so" wird es bei der nächsten Wahl nicht geben!

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Peter Petersen

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